Pfarrei in Flammen
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Don PiGi PeriniDie Pfarrgemeinde, Feuerherd der Evangelisierung

Zeugnis von Don PiGi Perini

In seinem ersten Brief ermahnt uns der Heilige Petrus: „Gebt Zeugnis von der Hoffnung die euch erfüllt“. Um auf diese Einladung zu antworten möchte ich jedem von euch mein Zeugnis anbieten. Ich vertraue es eurem Gebet an und dem mächtigen Werk des Heiligen Geistes, der „alles erforscht, bis in die Tiefen Gottes“ (1 Kor. 2,10).

Als ich gegen Ende 1976 als Pfarrer in der Pfarrei von St. Eustorgio gekommen bin, hat man mir ein Wort genannt, an das ich mich sehr oft erinnert habe, das der Sprichwörter 16,3: „Vertraue dem Herrn dein Tun an, so werden deine Pläne gelingen“. Ich war darüber sehr glücklich, aufgrund des zweiten Teils, aber ich begriff noch nicht die Wichtigkeit der Bedingung: „Vertraue dem Herrn dein Tun an!“ Ich habe es erst später verstanden.

Als ich dann Pfarrer geworden bin, hat mir Kardinal Columbo gesagt: „Sei Hirte!“, denn ich lief gewaltig Gefahr, mich um ein großes historisches Denkmal zu kümmern und die lebendigen Steine zu vergessen. In meiner Pfarrgemeinde war der Anteil derjenigen, die die Sonntagsmesse regelmäßig besuchten damals bei 12%. Heute ist er in Mailand im Durchschnitt zwischen 7 und 8%. Das ist ein Drama, wenn wir daran denken, dass wir zu Priestern geweiht wurden für die Herde, für das verlorene Schaf, und dass Jesus sie uns anvertraut hat.

Aber meine im Seminar geprägte geistige Einstellung hatte mich auf den Mangel an pastoralem Erfolg vorbereitet. Ich hatte dieses Scheitern gedanklich durchgespielt. Denke besser daran: „Einer sät, ein anderer erntet.“ Vor mir hatte ohne Zweifel niemand gesät. Aber wenn ich meine Vorgänger wieder auferstehen lassen könnte, würden sie mich erwürgen… Oder noch dieses: „Wenn nur Jesus Christus verkündigt wird.“ Auch hier ändert man das Wort grundlegend. Es handelt sich nicht um eine romantische Verkündigung. Wenn Paulus das versichert, ist es um zu sagen: ob man ihn aus Liebe verkündigt, aus Hass oder aus Neid, aber er sei verkündigt. Oder noch dieses Wort Jesu: „Sagt: wir sind nur unnütze Sklaven“. Man vergisst zu erfahren was vorausgeht: „wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde…“. Selbstverständlich gibt es für die Eitelkeit bei dieser Arbeit keinen Platz, sondern man muss sich mit großem Einsatz für das Reich Gottes engagieren. Oder auch wenn Jesus sagt: „Hab keine Angst, kleine Herde…“, man versteht dieses Wort so, als ob die Herde zwangsläufig klein sein müsste! Dann fügt er hinzu: „Ich habe noch andere Schafe…“ und so weiter. Viele kleine Sätzchen, die in Fehldeutung angewandt wurden, haben eine Mentalität der asketischen Entsagung gestärkt, als ob das Fehlen pastoralen Ehrgeizes durch Armut, Demut oder andere evangelische Tugenden gerechtfertigt werden könnte!

Was tat ich? Die kleine Herde zerstreute sich wie der Sand in der Hand. Ich stützte mich auf die, die noch blieben. Ein Wort der Schrift tröstete mich: die „koinonia“. Das ist eine schöne Sache, zusammen zu sein, in meiner Gruppe, meiner Gemeinde. Unser Gebet war mächtig. Wir sprachen gemeinsam in Zungen. Mein Lieblingspsalm war: „Wie schön ist es, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen“. Warum jemanden von draußen hereinführen, der alles durcheinander bringen würde? Eine solche Haltung ist die eines Kranken, der unter „Koinonitis“ leidet.

Ich sagte: „Was tun?“ In der Nachbargemeinde war es das gleiche; überall die gleiche tiefe Betrübnis. Aurea mediocritas (goldene Mittelmäßigkeit): eine Senkung des Horizonts. Ich erinnerte mich an meine Anfänge. Als ich zum Priester geweiht wurde, dachte ich an den Heiligen Don Bosco, an den Heiligen Pfarrer von Ars. Und dann habe ich mich mit so wenigen Leuten wiedergefunden. Nach und nach wurde die Begeisterung ausgelöscht und die Routine hat mich verzehrt. Ich flüchtete mich in die Kultur, in wissenschaftliche Predigten und sah nicht, dass diese Kultur, in der wir leben, heidnisch ist. Ich war an einer Abzweigung: entweder darauf verzichten als Priester zu leben oder aber eine echte Intimität mit Jesus wieder zu finden, der gesagt hat: „Ich mache dich zum Menschenfischer.“ Ich hatte es vergessen.

Die Vergangenheit meiner Kirche kam mir wieder in den Sinn. Diese Vergangenheit, die ich zu betrachten ablehnte und die mich aus diesem Grund daran gehindert hatte zu träumen. Meine Kirche: Der Geburtsort des Christentums in Norditalien. Unter dem Boden, vor der Kirche, befindet sich ein heidnischer und altchristlicher Friedhof. Der Heilige Ambrosius nannte ihn den Friedhof der Märtyrer. Man hat dort unter den Resten von heidnischen Gräbern die Reliquien der ersten Bischöfe und Märtyrer von Mailand gefunden. Nach einigen Metern fließt die Vettabia, an deren Wasserlauf man das erste original apostolische Baptisterium gegründet hatte. Das ist ein Ort von hoher Heiligkeit, von starkem und mutigem Zeugnis. Im IV. Jahrhundert baute man hier eine Basilika. 1221 gründete Dominik Guzman hier das erste Dominikanerkloster in Mailand, begleitet von Thomas von Aquin und Petrus von Verona. Thomas von Aquin hat sich dreimal in diesem Kloster aufgehalten und hat hier einen Teil der „Summa theologica“ (theologischen Summe) geschrieben. Und Petrus von Verona, zum Superior ernannt, ist der erste dominikanische Märtyrer geworden. Mit seinem Blut schrieb er auf die Erde: „Ich glaube!“ Es war heiliger Boden. Und ich mit meinen drei- bis vierhundert Sonntags-Gläubigen war entmutigt.

Dann ist etwas passiert, das eine herrliche Zukunft eröffnete. Ein kanadischer Priester, Pater Veriano Gaudet OMI, ist zu uns gekommen. Dieser Mann der heute neunzig Jahre alt ist, besaß das Charisma eines Gründers: Er hat die charismatische Erneuerung in Italien eingeführt. Er hat mir einen faszinierenden Artikel aus einer amerikanischen Zeitschrift gezeigt. Der Titel lautete: „Pfarrei in Flammen“. Es handelte sich um eine Pfarrei in Florida, Sankt Bonifatius, wo der Pfarrer, Michael Eivers, eine besonders lebendige Pfarrei leitete. Da habe ich mir gesagt: „Gehen wir und schauen, ob das wahr ist oder ob es sich um ein Märchen handelt“.

Fr Michael EiversEinige Zeit danach haben wir uns in Florida wieder gefunden. Was habe ich dort gesehen? Der Artikel war ein blasses Bild der Realität. Ich habe dort die „pfarrlichen Evangelisationszellen“ gefunden von denen er sprach, aber mehr noch, eine Kirche, die ich nicht für möglich gehalten hatte, eine Kirche der Apostelgeschichte. Das Geheimnis dieses Erfolges? Die eucharistische Anbetung von sechs Uhr bis vierundzwanzig Uhr. In einer Kapelle waren immer viele Menschen, die vor dem ausgesetzten Allerheiligsten Altarsakrament beteten. Ich habe dort eine unglaubliche Gastfreundlichkeit gefunden. Als ich in eine Familie kam, sagte man mir sogleich: „Ich werde dir erzählen, wie ich Jesus getroffen habe…“ Das Drama war, dass man mich am Schluss fragte: „Und du, wann hast du Ihn getroffen?“ Ich fühlte mich beschämt… Sie, sie hatten Jesus getroffen, sie erinnerten sich an den Tag und an die Stunde. Und ich, ich hatte einmal den Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland getroffen, und ich erinnerte mich daran. Aber an Jesus, nein daran erinnerte ich mich nicht.

Ein anderes Geheimnis dieser Pfarrei war ihre große Anzahl an Diensten. Ich fragte: „Was machst du?“ Und man zeigte mir die Liste der Dienste und sagte dabei: „Ich mache dies und das.“ Es war alles eine organische Struktur. Ich habe den Priester gefragt wie er es mache, eine so große Zahl an Evangelisationszellen zu begleiten, wie er die Zelle 38 oder 40 kennen könne, und er hat es mir erklärt. Der Pfarrer ist der Kopf des ganzen, aber er überträgt die Autorität mit großem Respekt an Laien. Und derjenige, der die Verantwortung empfängt, weiß, dass er die Autorität selbständig ausüben kann, wenngleich immer in Verbindung mit demjenigen, der delegiert.

Noch ein anderes Geheimnis: In Sankt Bonifatius lebte man die Evangelisierung. Pfarrer Eivers benutzt das Bild der beiden Seen im Heiligen Land: der See Gennesaret und das Tote Meer. „Wie siehst du den ersten?“ fragt er. Nachdem ich ihn dreißig Mal gesehen habe, antworte ich: „Voll Leben, Fische, Boote die kommen und gehen.“ „Schau – sagt er – der Jordan durchquert ihn, zieht seines Weges und mündet dann ins Tote Meer. Dort stirbt er. Dort stirbt alles. Weißt du warum? Weil das Wasser dort nicht hinausläuft. Das ist das Bild einer Kirche, die evangelisiert: Das lebendige Wasser tritt ein, erfüllt und gibt allem Leben, dann läuft es woanders hin. Aber wenn man es einsperrt, dann stirbt es.“ Eine Pfarrgemeinde ist Evangelisierungsquelle, oder sie stirbt. Wissen Sie wie Kardinal Hume die Pfarrgemeinde definiert hat? Als einen schlafenden Riesen. Das ist sehr großzügig. Zum Glück ist sie nur schlafend. Wir können sie noch aufwecken.

Eine andere Sache: Ich habe dort eine sehr tiefe und aufmerksame Kenntnis der Heiligen Schrift gefunden. Sie öffneten die Bibel wie ein Buch, das man kennt und das man stets griffbereit hat. Sie hatten es beim Kontakt mit Protestanten gelernt. Wissen Sie, wenn in Mailand ein Katholik mit einer Bibel herumläuft um Christen zu erklären, wie man lebt, oder sich öffentlich hinstellt um von Jesus zu sprechen, hält man ihn für einen Zeugen Jehova! Das ist ein Drama, Brüder! Der Christ spricht nicht von Jesus, er teilt Jesus nicht mehr, er evangelisiert nicht mehr!

Oder noch dies hier: Ich habe die Taufe im Geist entdeckt. Die Pfarrei Sankt Bonifatius ist gegründet auf die charismatische Erfahrung. Die anderen Pfarreien in der Welt, die die Evangelisationszellen nach der Art von St. Eustorgio übernommen haben, kennen keinerlei Bezug zur Charismatischen Erneuerung. Das ist nicht die wichtigste Sache: Das wichtige ist die pfarrgemeindliche Erneuerung, die die Anregung der Erneuerung in die Kirche tragen kann. Und dann entrichtet in St. Bonifatius die Mehrheit der Christen (90%) den Zehnten ihres Einkommens. Und viele geben noch mehr, in diesem Land wo der Dollar regiert! Schließlich habe ich in dieser Pfarrei einen mitreißenden Lobpreis gefunden, der ganz spontan im persönlichen, gemeinschaftlichen oder familiären Gebet entstand. Die Kinder sind zum Lobpreis vor dem Essen erzogen worden. Wenn in den Kindergärten ein Kind eigensinnig ist, legen ihm die anderen die Hände auf und beten für das Kind. Das ist sehr schön! Das waren die Geheimnisse, und hier die Mittel:

  • eine große Sorge für die Herde von Seiten des Pfarrers. Die Pfarrer von Sankt Bonifatius hatten die Evangelisierung als erstes Ziel gewählt: sich um die Herde zu kümmern.
     
  • Die Organisierung der Zellen nicht als ein Programm, sondern als einen Lebensstil. Die Laien hatten diese Dinge verstanden und wurden anspruchsvoll gegenüber dem Priester.
     
  • Die Zentralität des „Oikos“, das Haus, das Heim, die Atmosphäre. Sehen Sie die Leitworte heute: Ökologie, Ökosystem, Ökonomie… Alle diese Worte sind vom Ursprung oikos gebildet.
     
  • Die Evangelisationszellen vervielfältigen sich ständig, wie die Zellen des menschlichen Körpers. Das fordert eine ernsthafte Vorbereitung der Verantwortlichen für die Zellen und, um sie zu unterstützen, eine Struktur.
     
  • Noch ein Schritt. Am 9. März 1983 bei der Versammlung der CELAM in Haiti hat der Papst einen Aufruf ergehen lassen wie einen Herzensschrei: Es besteht die Notwendigkeit einer Neuevangelisierung, „neu in ihrem Eifer, neu in ihren Methoden, neu in ihrem Ausdruck“. Der Papst hat diesen Aufruf seitdem oft wiederholt. Wir sind heute gezwungen, den Missionsauftrag, den Jesus uns gegeben hat, wieder zu entdecken. Er hat ihn am Pfingsttag elf armen „Teufeln“ anvertraut, als diese noch nicht besonders an ihn glaubten: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht…“ Diese Vollmacht ist den Christen anvertraut worden: Gott braucht Menschen. Diesen Menschen vertraut er das Kostbarste an, das er hat: seine Herde, sein Königreich, erworben um den Preis seines Blutes. Und die Apostel haben ihn sehr ernst genommen. Nach dem Kommen des Heiligen Geistes sind sie zu Boten voll Feuer geworden.
     


Vor Kurzem war ich in Afrika. Eine Ordensschwester hat mir gesagt: „Es sind jetzt vierzig Jahre, dass ich hier bin. Und es ist mir gelungen niemals den Namen Jesus auszusprechen, um die afrikanische Kultur nicht zu zerstören.“ Ihre Absicht war edelmütig: die Kranken pflegen, den Armen Hilfe leisten, das soziale Wachstum der Menschen fördern. Sie war eine gute Sozialarbeiterin! Jesus Christus zu verkündigen ist die Aufgabe von jedem Christen: Wenn du Jesus nicht verkündest, wenn du deine Brüder nicht dazu erziehst Jesus zu verkünden, wenn du nicht die Liebe Jesu zum wesentlichen Inhalt deines Lebens machst, dann bist du ein Priester, eine Ordensschwester, ein Christ in Rente. Du machst nicht deine Arbeit.

In seiner Botschaft zum Weltmissionssonntag 1992 bekräftigt Johannes Paul II.: „Während wir uns dem dritten Jahrtausend der Erlösung nähern, wird die weltweite Mission noch viel wichtiger. Wir können nicht gleichgültig bleiben wenn wir an die Millionen Menschen denken, die wie wir durch das Blut Christi gerettet worden sind, aber ohne eine angemessene Kenntnis der Liebe Christi leben. Keiner der an Christus glaubt, keine Einrichtung der Kirche kann sich der höchsten Aufgabe entziehen, Christus allen Völkern zu verkünden.“

In dem Apostolischen Schreiben Christifideles Laïci, wird er schreiben:

„Weil sie Glieder der Kirche sind, haben die Laien die Berufung und Sendung, das Evangelium zu verkünden. Aufgrund der christlichen Initiationssakramente und der Gaben des Heiligen Geistes sind sie dazu berufen und verpflichtet.“ (33)

Papst Paul VI hat in Evangelii Nuntiandi schon sehr starke Dinge gesagt:

„Evangelisieren ist die Gnade und die eigentliche Berufung der Kirche, ihre tiefste Identität: Sie existiert um zu evangelisieren.“

Als ich dann nach St. Eustorgio zurückgekommen bin, haben mich die Leute angeschaut: „Du hast dich aber verändert!“ Und während einer Sitzung, nach Weihnachten, habe ich versucht die Erfahrung von St. Bonifatius vorzustellen. Kommentare: „Don Pigi ist amerikanisiert…Don Pigi ist verrückt!“ Aber ich habe es erreicht, die Anbetung während zwei Tagen zu organisieren, indem ich die Leute die anwesend waren, darum bat. Unglaublich aber wahr: Die ganze Woche war abgedeckt mit Christen die bereit waren eine Gebetskette zu bilden.

Später habe ich drei Brüder und einen Priester, benannt durch Kardinal Martini, eingeladen, sich nach St. Bonifatius zu begeben, um dort an einem Seminar teilzunehmen. Als sie zurückgekommen sind, war ich nicht mehr der einzige Verrückte: wir waren fünf. Das Leben dieser Brüder hatte sich geändert. Ich habe dann verstanden, dass der Boden gut war und die Zeit gekommen war. Ich habe einen Ausbildungskurs, ausgehend von Evangelii Nuntiandi, angeboten: Es waren sechzig Teilnehmer… wie gewöhnlich. Mit dem Unterschied dass fast am Ende des Kurses noch alle da waren… Brüder, die Laien sind durstig bei der Evangelisierung in die Pflicht genommen zu werden. Wenn unsere Pfarreien nicht evangelisieren, dann ist das nicht die Schuld der Laien.

Hier also in groben Zügen wie sich die Lage entwickelt hat. Dieser Kurs wurde im April beendet. Nach einer Gebetsnacht vor dem Herrn habe ich vierzig Personen aus den sechzig ausgewählt und habe ihnen eine Ausbildung als Zellgruppenleiter vorgeschlagen. Sie waren einverstanden und wir haben sie während sechs Wochen sehr engagiert betreut. Ich erzähle euch nicht das Gejammer… Es war eine Schwester dabei die die Zähne zusammenbiss: „Das ist das letzte Mal dass ich dir gehorche. Wenn der Kurs beendet ist, siehst du mich nicht mehr!“ „Ach“, habe ich ihr geantwortet, „gehorche mir noch einmal…“. Im Moment ist sie verantwortlich für einen von fünf Bezirken.

Langsam vorankommend, sind wir von vier provisorischen Zellen auf vierzig übergegangen. Und, Schritt für Schritt ist die Anzahl in solchem Maße gestiegen, dass wir heute ungefähr hundert Zellen haben. Einige sind dabei, sich zu multiplizieren.

Eine lebendige, fröhliche und in Jesus verliebte Gemeinde, in der viele Menschen ihre gemeinsame Berufung zur Evangelisierung entdeckt haben, bis dahin Evangelisierer in Vollzeit zu werden, das ist für mich kein Traum mehr, ein Wunsch oder eine Hoffnung, sondern etwas sehr Lebendiges, Reales und Wahres.

Die Gemeinde von St. Eustorgio versucht die Einladung in Fülle aufzunehmen, die den Aposteln von Jesus hinterlassen wurde, bevor er in den Himmel aufgefahren ist: „Geht evangelisieren, macht alle Menschen zu meinen Jüngern.“

Eine persönliche und gemeinschaftliche Bekehrung, die Erwählung Jesu als den Herrn unseres Lebens und des Lebens der ganzen Gemeinde, eine Suche nach seinem Willen in unserm Leben und auf dem Weg der Gemeinde, die Erfahrung seiner barmherzigen Liebe durch das Gebet, erlauben der Gemeinde, ihre tiefste persönliche Identität wieder zu entdecken, die grundlegende Mission die ihr eigen ist: die Gute Nachricht zu verkünden, dass nur Jesus das einzig mögliche Heil für den Menschen ist.

Wer Jesus in seinem Leben persönlich trifft, wer ihm sein Herz völlig öffnet, ohne Falschheit oder Heuchelei, sondern mit dem Vertrauen und der Begeisterung eines Kindes, der findet das Leben in seiner ganzen Fülle. Zahlreich sind die Brüder aus unserer Gemeinde, die mit dreißig, vierzig, fünfzig Jahren zu leben begonnen haben, weil sie Jesus da erst getroffen haben!

Ich selbst habe auch erst in Fülle zu leben begonnen, als ich mich bekehrt habe, von einer formlosen Beziehung zu Jesus in eine neue und radikale Beziehung überwechselnd: Ich konnte in diese neue Beziehung eintreten dank der Erfahrung der Taufe im Geist, die ich vor fünfzehn Jahren empfangen habe.

Wie viele Jahre haben wir nicht unnütz aufgewendet, wie viel Lächeln haben wir nicht verweigert, wie viel Freude haben wir nicht verdorben, bis zu einer Veranstaltung, einer gemeinschaftlichen Feier, einem Seminar über das Leben im Geist, den Worten eines Freundes oder dem Zeugnis unserer Ehefrau oder unserer Kinder, das Licht in die Finsternis geleuchtet hat und Jesus in unser Leben eingetreten ist, bis in die persönlichsten verborgenen Winkel unseres Lebens leuchtend!

Alles erhält dann einen neuen Geschmack: die Vorlieben ändern sich, neue Gefühle wohnen in unserem Herzen: Wir beginnen zu leben!

Das sind die Erfahrungen der Bekehrung die Jesus den Brüdern der Gemeinde von St. Eustorgio in diesen letzten Jahren geschenkt hat. „Oh Herr, du hast mich verführt“: Wie oft habe ich nicht diesen Ausdruck gehört. Zahlreich sind die Leben, die verwandelt worden sind, zahlreich sind die getrennten Paare und Familien, die geheilt worden sind, zahlreich sind die Verbitterungen, die weggewischt worden sind!

Ein Hauch neuen Lebens ist wahrhaft in die Gemeinde geströmt. Jesus, das wahre Leben, hat sich vielen Menschen zu erkennen gegeben, durch die Gabe der Freude, des Friedens, der Gastfreundschaft, der Liebe, des Lächelns. Das hier sind die neuen Wirklichkeiten, die unter den Brüdern wirken.

Der Heilige Geist, die Lebenskraft, hat die Reben, die ausgetrocknet und nahe am Sterben waren, wiederbelebt, die Brüder mit einem neuen Leben und neuen Charismen erfüllt. Die Fülle der Gaben des Heiligen Geistes in sich und um sich herum zu entdecken, ist sicherlich eine der kostbarsten Früchte einer Pfarrgemeinde, die sich seinem Wirken geöffnet hat.

Die Pfarrgemeinde ist wirklich „die Familie Gottes (…), ein Haus der Familie, gemeinschaftlich und gastfreundlich, die Gemeinschaft der Glaubenden“ geworden. Jeder findet in ihrer Mitte einen Platz nach Wahl, persönliche Aufmerksamkeit nach seinen Bedürfnissen, seinen Gaben, seinen Grenzen, seinen Wünschen, nach dem Muster eines Familienvaters, der sich um jedes einzelne seiner Kinder ganz individuell kümmert. Die Gemeinde wird ein Ort, wo wir uns klar werden, dass es andere Brüder und Schwestern gibt, die wie wir, mit uns und dank uns auf den Vater zugehen. Sie ist der Ort, wo jeder die Erfahrung der Liebe machen und sich klar werden kann, wie groß seine Fähigkeit ist, sie zu geben und zu empfangen. Sie ist der Ort, wo jeder seine Freuden und seine Leiden teilen kann, seine Zweifel und seine Erkenntnisse, in der Sicherheit dort Verständnis, Angenommensein und Antworten zu finden. Die Gemeinde ist der Ort der Begegnung mit Gott, wo du zugleich lernst und lehrst zu beten, zu loben, deine tägliche Erfahrung mit Jesus mitzuteilen. Sie ist der Ort wo der Herr seine Wunder vollbringt, wo sich der Bund Gottes mit seinem Volk ständig erneuert. Sie ist der Ort, wo sich ständig die Pfingsterfahrung zeigt.

Die Gemeinde ist auch eucharistisch, sie versammelt sich jeden Tag, vor allem aber am Sonntag, um den Tisch des Herrn, um „des Todes und der Auferstehung Jesu zu gedenken“. Alle sind berufen, die Messfeier persönlich und direkt zu erleben, indem sie an einem der zahlreichen bestehenden Dienste teilnehmen. In der Tat, ich bin sicher, dass eine Gemeinde umso lebendiger und offener für das Wirken des Heiligen Geistes ist, je zahlreicher und unterschiedlicher die angebotenen Dienste sind, die den Brüdern erlauben eine ganze Vielfalt an Charismen in den Dienst der einen Kirche einzubringen. Es ist das Wirken des Heiligen Geistes, der die Kreativität und die Dynamik garantiert, so dass er alle Ansprüche erfüllt und auf verschiedene Fragen antwortet, die sich der Gläubige stellt.

Aber wir könnten uns fragen: wie im Alltag leben? Wie das Risiko überwinden, dass die sonntägliche Feier nicht zu einer vereinsamten Oase wird und völlig unterschiedlich zur alltäglichen Routine?

Jede religiöse Bekehrung muss unser Leben noch viel tiefer verändern, indem sie diesen Dualismus aufhebt, der viel zu oft in den Herzen vieler wohnt und Frustration, Unzufriedenheit und Angst schafft.

Man muss Jesus als den alleinigen Herrn des Himmels und der Erde, meines Lebens, meines Geistes, meines Herzens, meiner Familie und meiner Arbeit, meiner Ferien und meiner Freizeit bekannt machen. Wir konnten es dank der ewigen Anbetung tun, die jeden Tag von sieben Uhr morgens bis acht Uhr abends in der Kapelle der Pfarrgemeinde stattfindet, wo sich die Brüder ablösen, indem Sie dem Herrn eine Stunde ihrer Zeit schenken.

Es ist der Ort, an dem sich wirklich „die Grundmauern“ der Basilika befinden, es ist das verborgene, aber vor Liebe brennende Herz, das allen Tätigkeiten Leben gibt. Es ist die Quelle lebendigen Wassers, die Jesus versprochen hat und aus der die Gemeinde in Fülle schöpfen kann. Es ist der Ort, wo sich Ruhe für den Müden erfahren lässt, Friede für den Geprüften, Heilung für den Kranken, Freundschaft für den Einsamen. In einem Wort, es ist der Ort, an dem sich die Gegenwart und das Wirken des Heiligen Geistes erfahrbar macht.

Jesus im Allerheiligsten Sakrament legt man alle wichtigen Entscheidungen vor, die getroffen werden müssen; jede Aktivität, die ansteht: Dem Herrn zu vertrauen, dem Heiligen Geist die Führung der ganzen Sache zu überlassen, ist kein verrücktes Risiko sondern ein wunderbares Abenteuer, das an weit entfernte Horizonte führt.

Aber die anderen? Diejenigen die nie kommen? Meine Freunde, die diese Wirklichkeit nicht kennen? Meine Frau oder mein Mann oder mein Sohn, für den Jesus nichts mehr ist?

Tagaus tagein war sich die Gemeinde ihrer Existenz bewusst und verspürte immer stärker den Wunsch, sie näher heran zu bringen, zu ihnen von Jesus zu sprechen, ihnen einfach zu sagen: Jesus liebt dich.

Die Erfahrung der Gemeinde von St. Eustorgio ist eine Erfahrung der Liebe Gottes für jeden von uns: Was sie verkünden möchte und das, wovon sie Zeugnis geben möchte, ist: Jesus liebt dich.

Vor allem musst du denjenigen Zeugnis geben, die dir am Nächsten sind: in deiner Pfarrgemeinde, deiner Familie, bei deiner Arbeit oder in der Schule, denjenigen die in deinem Wohnblock wohnen: Das ist dein Oikos, das „Umfeld“ das dir am nächsten ist, das dich gut kennt, mit dem du dein tägliches Leben teilst.

Der Ausdruck „oikos“ ist ein griechisches Wort, das Haus, Haushalt, Umwelt bedeutet. Ihr kennt alle das Wort „Ökologie“, es bezeichnet die Wissenschaft der Umwelt.

Hier ist jeder von uns eingeladen, klar von Jesus zu sprechen, durch sein Leben, seine Entscheidungen, sein Verhalten, seine Ausdrucksweise. Auf diese Art ist der andere kein Fremder mehr: Eure Leben treffen sich und Jesus ist die neue Bindung, die zwischen euch entsteht.

Diese Erfahrung zeigt sich in der Zelle, einer Kleingruppe, die aus zehn bis fünfzehn Personen besteht und untereinander durch die Beziehung des Oikos verbunden ist, die sich jede Woche in einem Privathaus trifft und die in ständigem Wachstum ist. Dort wünscht jeder, nachdem er die persönliche Erfahrung der Gegenwart des lebendigen Jesus in seinem Leben und in der Welt gemacht hat, denjenigen, die ihm am nächsten sind, mit denen er sich normalerweise trifft, das alles mitzuteilen und bekannt zu geben. Das Wachstumspotential einer Zelle liegt im Oikos jedes Mitgliedes. Die ersten, die der Gegenstand deines Gebetes, deiner Liebe, deines Teilens, deines Zeugnisses sein müssen, sind diejenigen, die Teil deines Oikos sind.

Eine Zelle wächst, wenn wir „Fischer“ im Sinne des Evangeliums werden, in unserem eigenen Oikos, wenn wir von dem lebendigen Jesus in unserem Leben sprechen, wenn wir Zeugnis geben durch eine Änderung unserer Vorlieben und unserer Prioritäten, wenn wir die Erfahrung der kostenlosen, treuen, ewigen, barmherzigen, persönlichen Liebe, die der göttlichen Liebe, teilen.

Mit all dem konfrontiert, wird es für denjenigen der dich kennt schwierig „kalt“ und gleichgültig zu bleiben. In seinem Herzen tauchen sicher plötzlich einige Fragen auf: „Warum betet er für mich?“, „Warum liebt er mich?“, „Was ist mit ihm passiert?“

Dann kommt der Moment einer klaren und eindeutigen Verkündigung Jesu, dem Herrn deines Lebens.

Ein Christ kann aufgrund der Taufe, die er empfangen hat, die Gute Nachricht von Jesus verkünden, indem er sich die Aussage des Heiligen Paulus zu Eigen macht: „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“

Man könnte sich fragen, was das Wesen eines Zelltreffens ist: Ist es ein Treffen unter Freunden? Ja, aber noch viel mehr als das. Ist es ein Gebetstreffen? Ja, aber noch viel mehr als das. Ist es ein Treffen zur Katechese? Ja, aber noch viel mehr als das. Ist es eine Evangelisierungsschule? Ja, aber noch viel mehr als das.

Das Zelltreffen ist das alles auf einmal und noch viel mehr.

Das wöchentliche Treffen unserer Zelle schafft uns die Gelegenheit, unseren Weg und unseren Eifer zu überprüfen, um uns mit neuem missionarischem Schwung zu engagieren.

In der Zelle lernen wir zu beten, indem wir uns dem Wirken des Heiligen Geistes öffnen. Wir lernen die Gegenwart Jesu in unserem Leben zu erkennen, indem wir aufmerksam werden auf die konkreten Zeichen seiner Liebe für jeden von uns. Wir lernen unserem Bruder zuzuhören, in uns selber still zu werden, um ihn zu empfangen. Wir machen die Erfahrung der brüderlichen Liebe, wir teilen unsere Schwierigkeiten, wir lernen unsere Zweifel zu überwinden. Für viele Brüder ist eine Zelle eine erste Erfahrung des gemeinschaftlichen Lebens, die sie darauf vorbereitet sich voll in die Pfarrgemeinde einzugliedern.

Durch die Erfahrung der Zellen habe ich verstanden dass ich denen die fremd waren, entfernt, gleichgültig, eine größere Aufmerksamkeit verleihen musste. Der Moment war gekommen meinen pastoralen Blick auf diejenigen, die außerhalb der Basilika waren, zu richten. Während wie vieler Jahren habe ich mich nicht damit zufrieden gegeben, die Basilika bei der sonntäglichen Messe voll zu sehen! Während wie vieler Jahren habe ich nicht ununterbrochen all meine Kraft und meinen pastoralen Eifer auf die gleichen „Vertrauten“ konzentriert, immer treu, immer mehr „umhegt“ und immer mehr reduziert in der Anzahl, diejenigen die man in jeder Gruppe und bei jeder angebotenen Aktivität wieder traf: Ich war, das ist wahr, an „Koïnonitis“ erkrankt, mein Sehvermögen ging nicht weiter, es nahm diejenigen, die draußen waren, nicht wahr!

Das Wachstumspotential der Gemeinde von St. Eustorgio liegt genau in denjenigen, die fern sind, in denjenigen, die wir als verloren betrachten, als schwer zu erreichen, als gleichgültig. Seinen Glauben mitzuteilen, Jesus zu verkünden, die Gute Nachricht zu verkünden, das sind die Früchte der Kirche, der Schlüssel ihres Wachstums, die Hoffnung ihrer Zukunft!

Stark durch dieses neue Bewusstsein, bin ich mir auch darüber klar geworden, dass meine alleinigen Kräfte für diese Aufgabe nicht ausreichen werden. Als Priester war es mir unmöglich, zu allen zu gehen und es war für mich vor allem schwierig zu den Brüdern dorthin zu kommen, wo sie ihr tägliches Leben lebten, am Arbeitsplatz oder in der Schule, in der Familie oder im Wohnblock: Ich lief Gefahr zu scheitern, eine günstige Situation nicht nutzen zu können.

Ich musste auf eine weniger klerikale Kirche zählen, mich dem Wirken des Heiligen Geistes anvertrauen und mich ihm übergeben, indem ich mich seinen Gaben öffnete, diesen Gaben, die auch den Laien verheißen sind.

Ich brauchte Hilfe: Es empfahl sich, die Laien, die schon eine Erfahrung mit Jesus gemacht hatten, zu ermutigen und zu motivieren. Es war unerlässlich, sie eine gemeinsame Berufung zur Evangelisierung entdecken zu lassen, um aus ihnen Ganztags-Evangelisierer zu machen: in der Pfarrgemeinde, am Arbeitsplatz, zu Hause, unter Freunden, in ihrem Wohnblock, das heißt in ihrem Oikos.

Das ist die Grundidee der Evangelisationsmethode durch die pfarrlichen Evangelisationszellen.

In Folge dieser Erfahrung hat sich die Gemeinde tief geändert und hört nicht auf zu wachsen. Wir sind dabei, das darf man wohl sagen, die begeisternde Erfahrung der Urkirche zu erleben, ständig geführt durch das Wirken des Heiligen Geistes wie uns die Apostelgeschichte berichtet: „Täglich führte der Herr der Gemeinde die hinzu, die gerettet werden sollten“.

Die Zellen stellen eine sehr lebendige, dynamische, flexible Realität dar, die nicht zwangsläufig mit der Spiritualität der Charismatischen Erneuerung verbunden ist (auch wenn sich in ihr sicherlich der ideale Boden befindet). Sie sind offen für alle, die die Erfahrung machen wollen, tief im pfarrgemeindlichen Kontext eingegliedert zu sein. Sie bestehen neben all den anderen Realitäten, die in der Pfarrgemeinde bereits vorhanden sind und die weiter arbeiten, wenn diese Letzteren auch unzweifelhaft eine neue Basis gefunden haben, neue Energie und eine neue Begeisterung.

Die Zellen sind, wie ich bereits sagte, in den pfarrgemeindlichen Kontext eingefügt und eng mit dem Pfarrer verbunden. In der Tat ist während der Zelltreffen eine Zeit reserviert für das Hören einer wöchentlichen Lehre, die durch den Pfarrer vorbereitet und durch Kassetten an alle Zellen ausgeteilt wird, damit während der ganzen Woche jede Zelle die gleiche Lehre hören kann, dem gleichen Weg folgen und sich vom gleichen Wort ernähren kann.

Durch eine klare und wohl gegliederte Struktur (Zell-Leiter, Sektionsleiter, Territoriums-Leiter, ausführende Zellen) ist der Pfarrer in der Lage alles zu erfahren was bei jedem Treffen jeder einzelnen Zelle passiert. Er ist informiert über die wichtigsten Probleme, die plötzlich auftauchen, über das Ankommen neuer Personen, die Wunder, die der Herr vollbracht hat, die Orientierung des Weges jeder einzelnen Zelle, so dass er den Ablauf eines Treffens ständig verfolgt, auch wenn er nicht persönlich anwesend ist.

Die Pfarrgemeinde von St. Eustorgio erlebt gerade einen sehr anregenden und tatkräftigen Moment ihres Wachstum und ihrer Geschichte. Ihr Weg wird weitergeführt und äußert sich durch ihr zahlenmäßiges und geistiges Wachstum, durch den Einsatz von allen ihren Mitgliedern im Dienst des Herrn und durch das Zeugnis der Erfahrung, die ihr gegeben worden ist.

Es gibt momentan mehr als hundert Zellen, darunter dreißig die nur aus jungen und sehr jungen Menschen zusammengesetzt sind, im Ganzen mehr als tausend Personen. Viele von ihnen sind auf dem Weg der Vervielfältigung, ein Prozess, der sich ereignet, wenn die Zelle in großer Zahl wächst und sich nach dem Muster, das man in der Natur beobachtet, teilt und so einer neuen Tochter-Zelle das Leben schenkt.

Die „Abteilungen“ der verschieden Dienste hören nicht auf sich zu entwickeln. Ich denke besonders an die der „Wander-Evangelisierer“ (ungefähr vierzig Mitglieder). Das sind Brüder und Schwestern die durch unsere Gemeinde überall dorthin gesandt werden, wo man uns bittet, unsere Erfahrungen vorzustellen und zu helfen, sie auf die Füße zu stellen, sowohl in Italien als auch im übrigen Europa.

Wir halten quasi täglich unzähligen Kontakt mit den Pfarrgemeinden, die mit dieser Evangelisationsmethode begonnen haben.

Wir bekommen zahlreiche Briefe und Telefonanrufe, die uns um Erklärungen bitten, um Material, um Unterstützung. Pfarrgemeinden, Gemeinschaften und Gruppen kommen uns besuchen oder laden uns ein, zu ihnen zu kommen. Viele Priester, vielleicht am Anfang etwas misstrauisch, haben zu hoffen begonnen, nachdem sie einige Tage bei uns verbracht haben. Sie haben ihren Evangelisierungseifer wieder aufblühen gesehen und haben die Erfahrung der Wirkung des Heiligen Geistes gemacht.

Genau deshalb, um einem solchen Interesse gerecht zu werden, aber noch mehr, um jedem der es möchte, zu geben, was uns die Liebe Gottes kostenlos gegeben hat, hat die Gemeinde von St. Eustorgio vor kurzem das sechste europäische Seminar über das System der Zellen der pfarrgemeindlichen Evangelisation abgeschlossen an dem vierhundert Brüder aus zahlreichen Staaten aus Europa und anderswoher teilgenommen haben. Das wurde eine sehr kostbare Gelegenheit zum Austausch über die Verpflichtung zur Evangelisierung, den Weg des Glaubens, die gemeinschaftliche Wirklichkeit zwischen uns. Außerdem hat es uns erlaubt, neue Brüder kennen zu lernen, denen wir die Türen unserer Häuser öffnen, indem wir ihnen Gastfreundschaft bieten, unsere Aufmerksamkeit und unser Gebet.

Nach den erhaltenen Informationen, sowohl aus Italien als auch aus anderen Ländern, können wir behaupten, dass an zahlreichen Orten die „Methode der Zellen“ übernommen worden ist oder auf dem Weg ist übernommen zu werden. Sie bietet eine konkrete Möglichkeit, eine Neuevangelisierung auf pfarrgemeindlicher Ebene in die Praxis umzusetzen, ohne die althergebrachten Gliederungen ins Wanken zu bringen, sondern sie im Inneren zu erneuern und die Laien sehr stark zu motivieren, sich an diesem Werk zu beteiligen.

Einige Pfarrgemeinden in der Lombardei, in Venetien, im Piemont, in Ligurien, in Emiglia-Romana, in den Marken und in Sizilien haben diese Evangelisierungsmethode übernommen und das Leben dieser Gemeinden hat einen neuen Aufschwung genommen.

Aber diese Erfahrung beschränkt sich nicht auf Italien. Es gibt einige Gemeinden in Frankreich, in Irland, in afrikanischen Ländern, auf Malta, in Ländern Osteuropas, wo die engagierte Anstrengung, die in die Verkündigung des Evangeliums durch die Zellen gesteckt wird, dabei ist, zahlreichen Pfarrgemeinden ein blühendes Leben zurück zu geben. Ich weiß, dass diese gleichen Früchte gerade dabei sind in anderen Gemeinden der Vereinigten Staaten, in Mittel- und Südamerika, in Kanada und in Australien zu entstehen.

Ich möchte dem Heiligen Geist aus tiefstem Herzen danken, dass er mich nach St. Bonifazius in Florida geführt hat, um dort eine Pfarrgemeinde zu treffen, die in der Pfingsterfahrung lebt, die sich dem wunderbaren Wirken des Heiligen Geistes geöffnet hat. Danke, denn das Saatgut, das ihr der Gemeinde von St. Eustorgio gegeben habt, ist dabei, in einer wunderbaren Weise zu wachsen, herrliche Früchte der Bekehrung und neuen Lebens zu tragen.

Es ist wahr, dass nach der ihm eigenen Charakteristik der Heilige Geist am Werk ist, und Gemeinden formt, die lebendig und aktiv in Christus und in seine Leib, der Kirche, sind.

Entsprechend dem Wunsch der Weltkirche, wünscht sich die Gemeinde von St. Eustorgio im Jahr 2000 die ganze Welt neu evangelisiert Jesus als Gabe darzubringen. Um das zu tun, ist ein neuer missionarischer Schwung unbedingt erforderlich.

Wie der Papst sagt, muss die Evangelisierung „neu in ihrem Eifer, ihren Methoden und ihres Ausdrucks“ sein: „Wir brauchen neue Evangelisierer für eine neue Evangelisierung“.

 

Aus: Don Guiseppe Macchioni, Evangeliser en Paroisse, Nouan-le-Fuzlier 1996, S. 7-24, aus dem Französischen übersetzt von P. Kiderle.